Von Jan-Philipp Lautebach und Katharina Schuster am 17. September 2020

Kündigungsschutz während der Kurzarbeit

30.000 Stellen sollen weltweit bei Daimler abgebaut werden. Bei Airbus sind mehr als 15.000 Stellen gefährdet. Alleine bei Airbus in Bremen steht ein Stellenabbau von 445 Stellen im Raum. Trotz Kurzarbeit und staatlicher Schutzschirm-Maßnahmen ist für viele Unternehmen in der Corona-Krise ein Personalabbau unvermeidbar. Insbesondere Kurzarbeit entlastet Unternehmen zwar durch Reduktion der Personalkosten, dennoch müssen viele Unternehmen Mitarbeiter entlassen, um eine Insolvenz zu vermeiden. Doch sind Kündigungen während der Kurzarbeit ohne weiteres zulässig oder gibt es einen besonderen Kündigungsschutz der Arbeitnehmer während der Kurzarbeit?

Betriebsbedingte Kündigung als ultima ratio

Während der Kurzarbeit können Arbeitnehmer nach wie vor unter den bisherigen Voraussetzungen verhaltens- oder personenbedingt gekündigt werden.

Anders ist es bei der betriebsbedingten Kündigung. Der Grund für eine betriebsbedingte Kündigung liegt regelmäßig darin, dass aufgrund bestimmter betrieblicher Umstände der Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers weggefallen ist. Dabei muss die betriebsbedingte Kündigung ultima ratio, also das letzte geeignete Mittel sein. Das letzte mögliche Mittel ist die Kündigung nur dann, wenn der Arbeitgeber alle Möglichkeiten zum Erhalt des Arbeitsplatzes ausgeschöpft hat. Ist der Arbeitnehmer noch nicht in Kurzarbeit, stellt die Kurzarbeit eine solche dem Unternehmen meist zumutbare Möglichkeit dar.

Situation des Unternehmens muss sich geändert haben

Befindet sich der Arbeitnehmer aber bereits in Kurzarbeit, kann eine betriebsbedingte Kündigung problematischer sein. Natürlich kann ein Unternehmen auch während der Kurzarbeit rationalisieren, umorganisieren und Betriebsteile schließen. Aber der Arbeitgeber muss darlegen, dass es sich nicht nur um einen vorübergehenden Wegfall des Arbeitsplatzes handelt. Eine betriebsbedingte Kündigung während der Kurzarbeit ist außerdem dann sozialwidrig, wenn sie mit denselben Gründen gerechtfertigt wird, aus denen Kurzarbeit angeordnet wurde. Die Situation des Unternehmens muss sich nach der Einführung der Kurzarbeit also geändert haben und der nach § 1 Abs. 2  S. 4 KSchG beweisbelastete Arbeitgeber muss darlegen, dass neben den Gründen, die die Kurzarbeit begründet hatten, weitere Gründe hinzugekommen sind, aus denen der Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigt werden kann.

Betriebsvereinbarung: Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen während Kurzarbeit

Nicht selten gibt es in zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat geschlossenen Betriebsvereinbarungen Regelungen über Kurzarbeit und über die Kündigung während Kurzarbeit. Diese sind meist arbeitnehmerfreundlich. In Betriebsvereinbarungen kann geregelt werden, dass während der Zeit der Kurzarbeit keine betriebsbedingten Kündigungen erfolgen dürfen. Solche „Sperrregelungen“ sind zulässig und für den Arbeitgeber rechtlich bindend.

Fazit

Bei der Kurzarbeit sind erhöhte Anforderungen an eine betriebsbedingte Kündigung zu stellen. Eine wirksame betriebsbedingte Kündigung nach Einführung der Kurzarbeit liegt nur dann vor, wenn keine „Sperrregelung“ in einer Betriebsvereinbarung vorliegt und die Kündigung auf Umständen beruht, die nicht schon zur Kurzarbeit geführt haben. Ob letztendlich tatsächlich ein Kündigungsgrund vorliegt, ist nur anhand einer umfassenden Betrachtung der konkreten Umstände zu beurteilen.

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